Es gibt in Bezug auf die Erwachenserfahrung oder das Erwachtsein Unterschiede, was die Dauer und die Intensität betrifft. Der Idealzustand ist der vollständige und dauerhafte Umzug der Ich-Adresse vom bisherigen kleinen Ich-Bewusstsein hin zum absoluten Bewusstsein, zum reinen, unendlichen Bewusstsein. Das findet relativ selten statt unserer Erfahrung nach. Was wir öfter erleben ist, dass Menschen Gipfelerfahrungen machen und sich durch die Integration dieser Gipfelerfahrungen schrittweise in die Lage versetzen, dass das Erwachen dann dauerhaft stattfinden kann, dass dieses Hin- und Herpendeln zwischen der Erfahrung von Befreitsein und dem Zurückkehren in die begrenzte Ich-haftigkeit aufhört. Wie lange das dauert ist individuell ganz verschieden. Manche brauchen ein paar Monate, manchen ein paar Jahre. Manche schlafen auch ganz wieder ein. Da gibt es ganz unterschiedliche Erfahrungen. Das Erleben des Seinzustandes des Erwachtseins ist in der Regel so eindeutig, dass es keinen Zweifel darüber gibt, wenn das geschehen ist. Auch der Austausch darüber ist eindeutig, solange sich der Austausch auf diesen Erwachensmoment beschränkt, den Zustand wo man tatsächlich im Kontakt mit dem Absoluten ist. Das ist eindeutig bei jedem Menschen gleich, dass es da keinen Zweifel gibt. Wo aber Unterschiede entstehen, ist immer, wenn man über den Weg dorthin spricht und darüber, wie der Mensch sich empfindet, wenn er in diesem absoluten Zustand weiterlebt, weil er ja ein individuelles Leben parallel dazu laufen hat. Das ist natürlich sehr unterschiedlich bei jedem Menschen. Der eine kann sich spontan zurückziehen und sich erstmal eine Auszeit nehmen, der andere muss sofort nach diesem Erlebnis weiterarbeiten oder sich um seine Familie kümmern. Und dadurch entstehen natürlich ganz andere Herausforderungen, und es entstehen ganz unterschiedliche Wege der Integration, sodass man denkt, man hätte ein ganz anderes Erwachtsein als die anderen. Das Erwachtsein in seiner Ursubstanz, seiner Stille- und Einheitserfahrung ist bei jedem gleich. Alles, was individuell ist, fällt im Zustand des Erwachtseins in sich zusammen, in dem Sinne, dass es seine Bedeutung für den Erfahrenden verliert. Es ist nicht verschwunden, sondern es ist in sich selbst zusammengefaltet und wird als individueller Ausdruck sichtbar, ist aber für den Erwachten nicht relevant und erfahrbar, weil in dem Zustand des Erwachtseins, in dem Zustand des Absoluten kein Ich existiert im Sinne eines begrenzten Ich-Bewusstseins. Da existiert kein Du im Sinne eines Gegenübers, da existiert vordergründig die Erfahrung von Eins-Sein.
Und es ist eindeutig, dass bei jedem Menschen, der diesen Zustand erlebt, dieser Zustand gleich ist. Das ist die gemeinsame Seinsgrundlage von uns allen Menschen. Es ist egal, ob man sich dessen in der jeweiligen Situation bewusst ist oder ob uns das nicht bewusst ist. Es ist einfach so. Wenn wir das Bewusstsein von diesem Seinszustand wiedererlangen, ist das sehr beglückend, und wenn es ganz plötzlich geschieht und es einen ordentlich durchrüttelt, dann sagt man, dass sei eine Kollision mit der Unendlichkeit. Und wenn es ganz sanft geht, dann ist es wie ein Baden in einer warmen Badewanne, wie das Hineingleiten in warmes Wasser. In der Beschreibung ist das individuell total verschieden. Aber in dem eigentlichen Zustand der Auflösung jeglicher Ich-haftigkeit ist das vollkommen identisch. Kein Ich, kein Du, kein Subjekt, kein Objekt, nur eins - DAS. Jetzt, Bewusstsein, Stille. Und der Tag kommt, an dem du diese Stille dann nicht mehr verlassen kannst. Wo sie dich so vollständig übernimmt und absorbiert, dass du dich selbst wunderst, dass du noch den Mund aufmachst und redest und sprichst und läufst und gehst und schläfst und lebst. Weil die Erfahrung der reinen Existenz so übermächtig ist, dass die Erfahrung der wechselnden, relativen Erscheinungsformen der Existenz überraschend leicht, und durchsichtig, transparent, zart, sensibel, flüchtig, „bedeutungslos“ und doch sehr wertvoll ist, ganz anders genährt, ganz anders belebt durch die Erfahrung der reinen Existenz. Erwachen bekommt dadurch einen anderen Geschmack, eine andere Tiefe, eine andere Art von Qualität. Es findet eine große Transformation statt durch diese Kollision mit der Unendlichkeit und sie erfasst alle Elemente deines Seins. Alles, was du als Mensch als dein Menschsein empfindest, wird davon ergriffen.
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Ludmilla & Roland // Netzwerk-Erleuchtung Berlin