Es gibt einen Punkt, an dem Stille und Schöpfung eins werden. Viele spirituelle Wege betonen das Leerwerden, das Nicht-Tun, das Versinken in die Stille. Und doch – tief in uns ruft etwas nach Ausdruck, nach Gestaltung, nach Leben. Dieser Impuls ist kein Gegensatz zum Erwachen, sondern sein natürlicher Ausfluss. Das Erwachen selbst ist der Ursprung jeder Kreativität, jeder Intelligenz, jeder Liebe und Gesundheit. Es ist, als würde alles, was lebendig ist, aus demselben Punkt entspringen: aus dem reinen Sein.
Erwachen und Kreativität sind keine getrennten Felder. Sie sind zwei Seiten derselben Wirklichkeit. Wenn wir uns wirklich öffnen, wenn die Stille in uns zu sprechen beginnt, entsteht Bewegung – eine Bewegung, die erschafft. Der Mensch, der erwacht, drückt das Leben auf natürliche Weise aus, so wie eine Quelle Wasser hervorbringt. Dieses Schöpferische ist kein persönlicher Akt, sondern eine Entfaltung des Lebens selbst. Es ist wie ein Naturgesetz, dass alles aus dieser Quelle des Bewusstseins hervorgeht und wieder in sie zurückfließt.
Doch das bedeutet nicht, dass man erst „erwachen“ muss, um kreativ zu sein. Es ist auch umgekehrt möglich: Kreativität kann ein Tor zum Erwachen sein. Wenn du dich erlaubst, spontan zu handeln, neue Wege zu finden, dich aus alten Mustern zu lösen, dann beginnt etwas in dir sich zu öffnen. Du trittst aus dem engen Schacht der Gewohnheiten heraus – aus den eingefahrenen Denk-, Fühl- und Handlungsmustern – und betrittst den Raum des Unmittelbaren. Dort, wo du nicht planst, sondern fließt.
Jeder kreative Moment ist ein Moment der Freiheit. In dem Augenblick, in dem du etwas Neues wagst – ein Lied singst, ein Bild malst, eine Idee aussprichst, ohne sie zu zensieren – trittst du in den Raum der Gegenwart ein. Du bist ganz da, ohne dich selbst zu kommentieren. Dieses „Da-Sein“ ist nichts anderes als der Beginn des Erwachens. Es braucht keine komplizierte Praxis, sondern das einfache Ja zu dem, was sich durch dich ausdrücken will.
Kreativität, so verstanden, ist kein Tun im gewöhnlichen Sinn. Sie entspringt nicht dem Willen, etwas Bestimmtes zu erreichen, sondern aus einer Stille, die handeln möchte. Wenn du innerlich ruhig wirst, wenn du aufhörst, dich selbst zu kontrollieren oder zu bewerten, entsteht Raum für etwas Größeres, das durch dich wirken will. Diese Art des kreativen Ausdrucks hat nichts mit Ehrgeiz oder Selbstoptimierung zu tun. Sie ist eine natürliche Bewegung des Lebens.
Und doch ist es herausfordernd, diese Spontaneität zuzulassen. Wir sind gewohnt, zu analysieren, zu planen, uns an Konzepten festzuhalten. Aber wahre Kreativität lebt jenseits des Konzepts. Sie zeigt sich im unmittelbaren Moment – in der Bereitschaft, zu handeln, ohne zu wissen, was daraus wird. Dieses Nichtwissen ist der fruchtbare Boden, auf dem das Neue wächst.
Erwachen heißt, zu sehen, dass alles bereits in dieser Gegenwart geschieht. Dass es nichts zu erreichen gibt. Und Kreativität kann uns genau dorthin führen, wenn sie nicht aus dem Ego kommt, sondern aus der stillen Freude des Seins. Wenn wir in diesem Zustand etwas erschaffen, dann erschaffen wir nicht wirklich – es geschieht einfach. Das Leben drückt sich durch uns aus, und wir sind Zeuge seines Spiels.
Je stiller du wirst, desto kreativer kannst du sein. Denn Stille ist keine Leere im negativen Sinn, sondern ein unendliches Reservoir von Möglichkeiten. Aus ihr heraus entstehen alle Formen, Gedanken, Bewegungen. In der Stille ist alles bereits enthalten – auch das, was du noch erschaffen wirst. Sie ist die Quelle des Lebens, und wer ihr lauscht, hört die Stimme der Inspiration.
Das bedeutet auch: wahre Kreativität braucht Mut. Mut, die Kontrolle loszulassen. Mut, das Unbekannte zu betreten. Mut, nicht zu wissen, wie es ausgeht. Doch genau dieser Mut führt dich zurück zu dir selbst. Denn in der Freiheit, die entsteht, wenn du dich von deinen Gewohnheiten löst, erkennst du, dass du nie getrennt warst von dieser schöpferischen Quelle. Du bist selbst Ausdruck des Lebens – Ausdruck des Einen, das alles durchdringt.
So ist das Erwachen kein Endpunkt, sondern ein Beginn. Ein Erwachen in die lebendige Bewegung des Seins, in der Tun und Nichttun, Stille und Ausdruck, Sein und Werden eins sind. Wenn du dich traust, kreativ zu sein, öffnest du die Tür zu dieser Einheit. Du erlaubst dem Leben, sich durch dich zu verwirklichen – frei, spontan, liebevoll.
Am Ende ist Kreativität nichts, was du besitzt oder lernst. Sie ist dein natürlicher Zustand, sobald du aufhörst, dich festzuhalten. Und Erwachen ist nichts, was du erreichst – es geschieht, wenn du dich ganz dem Moment hingibst. Beides entspringt derselben Quelle. Beides ist Ausdruck der einen Wahrheit, die du bist.
Wenn du also das nächste Mal in Stille sitzt, höre, was in dir entsteht. Vielleicht ist es nur ein Gedanke, eine Farbe, ein Klang, ein Impuls. Folge ihm – nicht, um etwas zu schaffen, sondern um dich selbst zu erfahren. Denn in diesem Augenblick des schöpferischen Seins, bist du frei.
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