Spätestens wenn du feststellst, dass bestimmte Gefühle immer und immer wiederkehren, dann lohnt es sich zu untersuchen, was du da eigentlich tust. Und ob das alleinige Durchfühlen tatsächlich ausreicht. Weil, wenn wir als Kinder in einer bedrohlichen Gefühlslage sind, dann ist das meist traumatisierend. Weil das Kind von damals keine Lösung gefunden hat herauszukommen aus der Situation. Vorerst nicht. Es konnte das Gefühl in der bestimmten Situation nicht aushalten und hat sozusagen eine Traumatisierung erlitten. Wenn wir nun heute einfach in diese Regression wieder hineingehen, uns sozusagen wieder in die gleiche Situation versetzen, nicht äußerlich, sondern innerlich vom Gefühl her, uns in dieses Gefühl hineinfallen lassen und es durchfühlen und wir die erwachsene Instanz, die wir heute sind, verlieren und nur in diesem Gefühl des Kindes verbleiben, dann gibt es da keinen heilsamen Ausstieg. Sondern eher eine Bestärkung der Erfahrung, dass es keine Lösung gibt, sondern es so lange ausgehalten werden muss, bis es vorbei ist. Das ist eine Retraumatisierung.
Und diese ewigen Retraumatisierungen geben einem das subjektive Gefühl überhaupt nicht voranzukommen. Immer wieder wird in bestimmten Situationen etwas im eigenen Inneren getriggert. Oder Menschen, denen man begegnet, drücken irgendeinen Klingelknopf und innendrin springen ganz bestimmte Gefühle an. Und dieses Phänomen kennt im Grunde genommen jeder. Das ist wie ein Programm, das ganz automatisch abläuft. Egal wie viel Gewahrsein wir in dem Moment da hineingeben.
Wie gehen wir dann mit diesen Gefühlen um?
Wir haben beobachtet, dass viele spirituell suchende Menschen, um im Alltag mit ihren Gefühlen umzugehen, eine Technik benutzen, die zum Aufwachen entwickelt wurde. Es gibt eine Technik des Aufwachens, bei der man sich komplett in das Gefühl hineinsinken lässt und ganz bis auf den Grund des Gefühls sich einlässt und dann das Ganze durch und durch fühlt und am anderen Ende sozusagen, im „freien Raum“ wieder herauskommt. Sehr oft hören wir von dieser Übung, die Menschen im Alltag anwenden. Eine andere Übung ist, dass man versucht seine Gefühle im reinen Gewahrsein zu halten, und sie darin verbrennen zu lassen. Beides funktioniert zum Teil und zum Teil auch nicht. Wenn es funktioniert bedarf es keiner weiteren Überlegung. Dann hat es ja geklappt, aber wir hören eben sehr oft, dass das nicht funktioniert. Und da muss man sich mal genauer anschauen, warum das nicht funktioniert. Warum kann ich nicht einfach ein starkes, unangenehmes Gefühl in mein Gewahrsein stellen bis es verbrennt. Warum gelingt das nicht? Und warum kann ich mich nicht im Alltag in jedes x-beliebige Gefühl, das in mir auftaucht, kopfüber hineinstürzen in der Hoffnung, dass es dann verschwunden ist und in der Form nicht mehr auftaucht?
Die Anweisung, die wir im Umgang mit den Gefühlen geben, lautet, leg deine Aufmerksamkeit auf das Gefühl und tue nichts dafür und nichts dagegen. Du musst nicht hineingehen in das Gefühl, sondern es reicht, wenn du die Aufmerksamkeit einfach darauflegst. Und das muss man vielleicht ein bisschen erläutern. Was hat die Aufmerksamkeit damit zu tun und warum legt man sie nur darauf und stürzt sich nicht hinein in das Gefühl. Was hat das für Vorteile?
Die reine Aufmerksamkeit ist Liebe. Das ist eine Qualität, eine Widerspiegelung des reinen Gewahrseins, das wir selber sind. Aufmerksamkeit. Nicht wertende, nicht beurteilende, ganz neutrale Aufmerksamkeit. Und wenn wir die Gefühle mit dieser Qualität berühren und nicht hineinspringen in dieses Gefühl, verlieren wir uns auch nicht in diesem Gefühl. Wir können so die erwachsene Instanz, die wir heute sind, aufrechterhalten. Zeitgleich richten wir die Aufmerksamkeit auf das beispielsweise erinnerte Gefühl aus der Kindheit und betrachten es. Wir verlieren uns jetzt nicht in diesem Gefühl. Die Erwachsenen-Instanz bleibt da und in unserem Zugriff. Wenn wir uns hingegen beim Hineinspringen in dem jeweiligen Gefühl verlieren, dann erzeugen wir eine Situation wie in der Kindheit. Da sind die Erwachsenen ja letztendlich auch nicht da gewesen, das Kind war alleine mit seinem Gefühl, oder es fühlte sich allein. Das heißt, die Aufmerksamkeit hilft uns, die Erwachsenen-Instanz aufrechtzuerhalten. Sie hilft uns, nicht in diesem Gefühl zu ertrinken, welches sich uns, für unsere Heilung in seiner vollen Größe zeigen möchte.
Was man dabei unterscheiden muss, sind die Gefühle, die aus der Vergangenheit kommen und die Gefühle, die echt im Hier und Jetzt, direkt aus dem Herzensraum heraus entstehen, als natürliche, gefühlsmäßige Reaktion auf ganz konkrete Erlebnisse.
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